Düsseldorfer Bürgerinitiative „Zuhören.Draußen“ Fremden ein offenes Ohr schenken

Düsseldorf · Viele Menschen in Düsseldorf haben etwas auf dem Herzen, kennen aber niemanden, dem sie davon erzählen können. Dafür gibt es die Bürgerinitiative „zuhören draußen“. Die Ehrenamtler haben für jeden ein offenes Ohr.

 Ehrenamtlerin Susanne Korff erzählt Interessierten worum es bei „zuhören.Draussen geht

Ehrenamtlerin Susanne Korff erzählt Interessierten worum es bei „zuhören.Draussen geht

Foto: Anne Orthen (orth)

Am Samstagvormittag stellte die Bürgerinitiative „Zuhören.Draußen“ in der Stadtbücherei ihr ganz besonderes Angebot vor. Die rund 60 Ehrenamtler schenken zwei- bis dreimal pro Woche ihren Mitmenschen Zeit und ein offenes Ohr. Mal sind sie zu dritt oder viert im Stadtgebiet unterwegs, mal – wie am Samstag – in Institutionen. Gut sichtbar tragen sie ein Herz mit der Aufschrift „Ich höre dir zu“.

Der Bedarf sei groß, ist Mitinitiatorin Christina von Fragstein überzeugt und zählt auf: „Steigende Preise, Energiekrise, Ukraine-Krieg, Corona, es gibt gerade sehr viel, das uns alle beschäftigt.“

Glücklich seien diejenigen, die jemanden haben, mit dem sie sich über ihre Sorgen, Ängste und Hoffnungen austauschen könnten. „Allein in Düsseldorf leben 60 Prozent in Single-Haushalten. Die Einsamkeit und Isolation war schon vor Corona da, aber die Pandemie hat sie noch verstärkt“, resümiert von Fragstein. Längst seien nicht nur ältere Menschen davon betroffen. „Wir haben alle Altersgruppen dabei, die sich über ein Vier-Augen-Gespräch freuen“, fügt sie hinzu.

Um dieser Entwicklung etwas entgegenzusetzen, gründete sich im Sommer 2021 die soziokulturelle Bürgerinitiative „Zuhören.Draußen“. Weil die Ehrenamtler durch die Corona-Maßnahmen nur unter freiem Himmel ihr Engagement anbieten konnten, waren sie zunächst vor allem auf der Rheinuferpromenade unterwegs.

Doch wer verschenkt eigentlich so freigiebig seine Zeit? Michael zum Beispiel. Der 60-Jährige lebte lange in Frankreich und unterstützte dort die Telefonseelsorge. „Ich wollte hier gerne weiterhin Menschen helfen und bin auf die Initiative gestoßen“, erzählt er. Die Gespräche seien für ihn eine Bereicherung. „Man trifft Menschen, die man sonst nie kennengelernt hätte“, sagt er.

Susanne Korff kann ihm da nur beipflichten. „Ich hatte davon gehört, dass es in Afrika Frauen gibt, die in die Dörfer auf dem Land gehen, um dort anderen Frauen zuzuhören, die sonst niemanden haben, dem sie von ihren Sorgen erzählen können“. Die Idee gefiel Suanne Korff und so musste die Ratingerin nicht lange überlegen, ob sie bei „Zuhören.Draußen“ mitmachen würde.

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Foto: Wolfgang Harste

Ouarda Fahris nutzte die Gelegenheit am Samstagvormittag in der Stadtbücherei, um Susanne Korff auszufragen, wie sie selbst Teil dieses besonderen Projekts werden könnte. Ihr Beweggrund: „Ich finde, man kann manchmal mit einem Menschen, der nicht aus dem Freundeskreis oder der Familie kommt, viel besser über Dinge reden, die einen bewegen. Sie kennen einen nicht und sind entsprechend unvoreingenommen“. Gefragt nach den Voraussetzungen, zählt Susanne Korff auf: „Offenheit, Interesse am Gegenüber, Unvoreingenommenheit und Zeit.“

Ouarda Fahris kann sich gut vorstellen, dabei mitzumachen. „Das gefällt mir. Ich glaube, da kann ich selbst auch viel lernen“, ist die Mutter einer Tochter überzeugt.

Die Ehrenamtler bekommen Coachings und können von Kommunikationsexpertinnen wie Alexandra Perl erfahren, wie sie noch besser Zuhören können.

„Den Menschen läuft das Herz förmlich über“, weiß Christine von Fragstein. „Dabei sind es nicht immer nur die Sorgen, über die sie sprechen möchten. Wir hören oft auch schöne Geschichten, Erlebnisse, die unserem Gegenüber wichtig sind und die sie gern mit jemandem teilen möchten.

Das Team von „Zuhören.Draußen“ sucht noch Verstärkung. Alle Infos dazu und den nächsten Terminen gibt es unter www.zuhoeren-draussen.de oder telefonisch unter 02 119 94 45 43

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